Das Portland-Manifest

Es ist selbstverständlich, daß dieses ungeheuer komplexe Universum nicht das Resultat von Billionen Zufällen und Glücksfällen kann, daß es also einen planenden Schöpfer, einen „obersten Baumeister“ haben muß. Er, der der ewige Herr über diese Welt ist, hat vollkommene Macht über das Universum, seine Gesetze, seine Existenz ist Herr über Leben und Tod, der Vater der Schöpfung.

Von allen Seinen Geschöpfen hat – sofern wir das feststellen können – allein der Mensch die Fähigkeit, das, was er wahrnimmt, zu verstehen, zu würdigen, zu bewerten – moralisch, ästhetisch, materiell. Der Mensch kann alles „benützen“, da ihm alles, selbst das Leiden, in irgendeiner Weise bedeutungsvoll ist. Ein Löwe, zum Beispiel, hat für ihn eine ästhetische Bedeutung. Auch ist sein Fell kommerziell verwertbar. Gezähmt, fügt er sich der Überlegenheit des Menschen und kann sein Kamerad werden; als jagdbares Wild erweckt er Erregung und Furcht. Ein Felsen, ein Gemälde, ein Zahnschmerz, ein Sonnenuntergang, ein Stück Kohle, eine giftige Pflanze – alles hat Sinn und Bedeutung für den Menschen, dem vielleicht nicht nur die Erde, sondern auch das Universum anvertraut wurde – als eine ungeheure, erschreckende Verantwortung. Daher muß der Mensch, ein gefallenes, großes aber unvollkommenes Geschöpf, seine Grenzen erkennen. Der Turmbau von Babel sollte uns eine Warnung sein.

Aus diesen Gründen ist es nicht erstaunlich, daß der ursprünglich als Ebenbild Gottes geschaffene Mensch selbst nach dem Sündenfall sich von den Tieren unterscheidet: ein transzendentes Wesen, berufen über sich selber hinauszuwachsen. Der Mensch ist mehr als „nur“ Mensch. Sein persönliches Schicksal kann nicht mit dem körperlichen Tod enden und die Behauptung heidnischer Existentialisten, daß das Leben auf dieser Erde an sich absurd sei, ist absolut berechtigt. In der Welt Gottes, des Menschen und Satans können, innerhalb der Grenzen von Zeit und Raum, sowohl Gerechtigkeit als auch persönliche Erfüllung im besten Fall nur fragmentarisch sein. Die menschliche Existenz ist grundsätzlich gottverbunden, normalerweise durch die bindenden Kräfte der Religion. Der Mensch wendet sich zu Gott am häufigsten durch das Gebet, er fühlt sich gebunden durch auf Gottes Wort beruhende moralische Gebote, die ihm von der Offenbarung mitgeteilt wurden. Verstand, Eingebung und Gnade sind die Wege zu einem unsichtbaren aber nachweisbaren, allmächtigen und allwissenden Gott, dessen demütige Partner wir im Drama dieser Erde sind. Und wir dürfen nicht vergessen: wenn es keinen persönlichen Gott gibt, ist alles erlaubt, und wenn es Ihn gibt ist alles möglich.

Das Wort Person kommt vom etruskischen „phersú“ der Maske des die er für eine bestimmte Rolle auf der Bühne zu tragen hatte auch auf unsere Einmaligkeit und unser unübertragbares Schicksal hin. Jeder ist unentbehrlich, jeder ist unersetzbar, wie er oder sie auch sein mag. Diese Einmaligkeit bedeutet und auch Verschiedenheit. Wir unterscheiden uns von unsere Talente ebenso wie durch unsere Bemühungen, durch unser Geschlecht ebenso wie durch unser Alter, durch unsere Weisheit ebenso wie durch unsere Erfahrung. Wir alle haben gleichermaßen viele Eigenschaften, aber nicht in gleichem Maße. Adverbielle Gleichheit ist nicht tatsächliche Gleichheit.

Wie die Tiere haben wir ein Verlangen nach Gleichem und einen Herdentrieb, aufgrund dessen wir uns manchmal die Gesellschaft von Menschen unseres Alters, unseres Geschlechts, unserer Rasse, unseres Glaubens, unserer politischen Ansichten, unserer Klasse, unseres Geschmackes wünschen. Es ist aber ausschließlich menschlich, nach Andersgeartetem zu streben, sich wohlzufühlen in der Gesellschaft von Menschen, die in jeder Beziehung verschieden von uns sind und deshalb auch zu reisen, d.h. andere Speisen zu kosten, andere Musik zuhören, andere Pflanzen, Tiere und Landschaften zu sehen. Die Freude an der Vielfältigkeit der Schöpfung unterscheidet uns ebenso von den Tieren wie die Religion und der Verstand.

Das erniedrigende Streben nach Gleichheit und der Haß gegen das Andersgeartete charakterisiert alle Formen des Linksdralls. Seine Ideologien sind unvermeidlich totalitär, weil sie uns, den gottgewollten Unterschiedlichkeiten des Universums zum Trotz, gewaltsam Nämlichkeit aufzwingen wollen – und Nämlichkeit ist die Schwester der Gleichheit. Die Vision der Linken zielt auf Gleichförmigkeit: eine Nation mit einem Führer, einer Rasse, einer Sprache, einer Klasse, einem Schulsystem, einem Gesetz, einer Sitte, gleichem Einkommen für alle, und so weiter. Da aber die Natur Unterschiedlichkeiten schafft, ist diese tödliche Nämlichkeit nur mit Gewalt zu erreichen, durch Einebnen, erzwungene Angleichung, Exil und Völkermord. Alle Formen des Linkksdralls, alle linken Ideologien, die in der französischen, der russischen und der deutschen Revolution gipfelten, sind diesen Weg gegangen „Rechts ist richtig, links ist falsch.“ Rechts sind Person, Freiheit, Geistigkeit, organisch gewachsene Institutionen. Links sind der zweiköpfige Leviathan Staat-Gesellschaft, die Gleichförmigkeit, die Einförmigkeit, die Gleichheitssklaverei. In allen Sprachen – den germanischen, romanischen, slawischen und altaischen, im Sanskrit, im Hebräischen und Japanischen – hat rechts eine positive, links eine zutiefst negative Bedeutung. Das trifft auch auf die Bibel zu. Also geben uns Sprache und Tradition das Recht, diese Semantik zu gebrauchen.

Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen und die wissenschaftliche Forschung der letzten 30 Jahre hat mehr psychologische physiologische Unterschiede zwischen beiden entdeckt, als man in früheren Zeiten annahm. Mann und Frau sind von gleicher Bedeutung, sie sind sich geistig gleich, die verschiedenen Charakteristika ihres Verstandes sind nie eindeutig männlich oder weiblich, und doch stellen sie, statistisch gesehen, existentiell unterschiedliche Formen des Mensch dar und haben unterschiedliche, wenn auch oft einander übergreifende Aufgaben. Die traditionelle Rolle der Frau in unserer Zivilisation Grunde das Resultat von Erfahrung und angehäuftem Wissen; ihr Akzent liegt auf Liebe, Zuneigung, Leben-schenken, Kindererziehung, ungeheuer wichtige, wertvolle und unübertragbare Aufgaben. Die außerordentlichen Laufbahnen und Leistungen einzelner Frauen – Regentinnen, Schriftstellerinnen, Künstlerinnen, Ärztinnen, Juristinnen Organisatorinnen – zeigen, daß sie neben ihrer naturgegebenen Rolle von anderen Berufen nicht ausgeschlossen werden sollten. Dennoch sind gewisse Tätigkeiten ihrer Natur entgegengesetzt und ihrer Würde abträglich – zum Beispiel die des Grubenarbeiters, des Frontsoldaten, des Schlächters, des Scharfrichters.

Die Familie ist die Grundzelle jeder Gesellschaft. Sie beruht auf Zuneigung, Treue und einer besonderen Art von Freundschaft, viel eher als erotischer Anziehung oder primitiver Sexualität. Im Idealfall ist sie eine Vereinigung zweier Geschlechter und dreier Generationen: Einheit und Verschiedenheit sind ihre Grundtöne. Sexus, Eros, Fortpflanzung, Erziehung, Charakterbildung und gegenseitige Hilfe sind ihre Aufgabenbereiche. Sie bedeutet Erfüllung für patriarchale und matriarchale Neigungen. Staat und Gesellschaft müssen jede Art von Politik vermeiden, die der Integrität und Unabhängigkeit der Familie entgegensteht.

Die menschliche Gesellschaft hat einen vielseitigen Charakter und muß sich vor zwei Gefahren hüten: der totalen Integrierung durch den Staat ( wie es in der recht tyrannischen griechischen polis der Fall war) und der Entwicklung eines anpassungswilligen Herdengeistes, der alle Originalität zerstört, die Entwicklung der Person behindert und so seine eigene Art von Totalitarismus hervorbringt. Eine gesunde Gesellschaft ist kein Monolith sondern ein natürlich gewachsener, vielschichtiger Organismus mit einer Reihe von Funktionen und Gliederungen, alle notwendig und unverzichtbar, einander brauchend, achtend und stolz auf ihre jeweils spezifischen Aufgaben. Das bedeutet keine geschlossene, sondern eine offene Gesellschaft ohne Kasten und mit größtmöglicher Bewegungsfreiheit von einer Gruppe zur anderen. Talent, Leistung, Hingabe, persönliche Disziplin und Charakter müssen deutlich bewertet werden. Neid, Gruppenarroganz, Rachsucht und mangelnde Nächstenliebe sind Krebsgeschwüre am Körper der Gesellschaft, doch die Formung von Eliten in einem dauernden Kristallisationsprozeß (und Ausscheidungsprozeß) sollte man fördern. Es gibt keine gesunde Gesellschaft ohne Führung, ohne Leitbilder. Wenn diese negativ sind, wird die Gesellschaft zerfallen, zusammenbrechen. Weder Kastengesellschaften noch „klassenlose“ Gesellschaften waren je auf lange Sicht produktiv. Es muß aber festgehalten werden, daß weder die Gesellschaft noch der Staat jemals verabsolutiert werden dürfen. Der Sozialismus, der unweigerlich zur Staatsallmacht führt, versucht auch die Gesellschaft absolut zu machen. Doch darf die Gesellschaft (im Sinne von menschlicher Umwelt) auch nicht zu einem Alibi für moralische Verfehlungen gemacht werden. Die These, derzufolge der Mensch von Natur aus gut ist und nur die Gesellschaft ihn schlecht macht, muß mit Entschiedenheit abgelehnt werden. Wir sind dazu berufen, gegen alle kollektivistischen Mächte und Kräfte aufzutreten, seien sie politischer, sozialer oder wirtschaftlicher Natur.

Der Staat ist zum Teil das Ergebnis menschlicher Schwächen und Unvollkommenheit. Er ist unerläßlich, sollte aber weder vergöttlicht werden, noch als solcher ein Endziel sein. Seine Aufgabe ist es, alle Personen vor einer übermächtigen Gesellschaft zu schützen, vor üblen Individuen oder Gruppen und vor Feinden von außen. Der Staat ist das Knochengerüst der Nation; seine Legitimität beruht in erster Linie auf Autorität, aber infolge der gefallenen Natur des Menschen auch auf Macht. Alle freien Völker sind erklärtermaßen „autoritär“ in ihrer Politik, sowie in ihrem gesellschaftlichen und sogar familiären Leben. Wir gehorchen aus Liebe, aus Respekt (vor dem größeren Wissen, vor der Weisheit derer, denen wir Gehorsam schulden), oder weil wir begreifen, daß der Gehorsam im Interesse des Allgemeinwohles liegt, welches selbstverständlich unser eigenes Wohl einschließt. Diese Beweggründe schließen einander nicht aus. Für die Regierenden oder für unsere Eltern und Lehrer mögen wir Liebe und Respekt empfinden. Ein Manager könnte vielleicht eher respektiert als beliebt sein. Dem Verkehrspolizisten zu gehorchen ist sinnvoll. Es gibt nur eine Alternative zu Autorität (die uns innewohnt und daher eine endogene Kraft ist) und das ist die Angst, die von außen wirkt und somit exogen ist. In diesem Fall passen wir uns nur an, weil wir brutale Gewalt fürchten. Angst ist die Wirkkraft der Tyrannis. Eine Gesellschaft, die allein von Angst getragen ist, ist eine unnatürliche Gesellschaft in einem unnatürlichen Staat. Jedoch dürfen wir nie vergessen, daß infolge der gefallenen Natur des Menschen, der Staat selbst in einem freien Land das Recht hat, mit Strafen zu drohen – nicht als das tägliche Brot, sondern nur als letztes Mittel.

Der Staat ist immer in Gefahr, seine Zellen krankhaft zu vermehren, Funktionen zu übernehmen, die rechtens der Person, der Familie oder der Gesellschaft zustehen. (Auch die Gesellschaft kann gelegentlich persönliche Rechte schmälern.) Was immer eine Person tun kann, sollte er oder sie selber tun; der nächste Schritt wäre, sich an die Familie zu wenden, dann an die Gemeinde und nur zuletzt sollte um Hilfe vom Staat angesucht und die zentrale Staatsgewalt als allerletzte Instanz angerufen werden. Das nennt man das Subsidiaritätsprinzip. Der ideale Staat sollte daher ein Bundesstaat sein, zusammengesetzt aus politischen Einheiten mit weitgehender Autonomie (states im amerikanischen, Länder im Deutschen, régions oder provinces im französischen Sinn). Regionen haben, ebenso wie Personen, einen Einmaligkeitswert, sind oft organischer gewachsen und schärfer profiliert als der große Staat. Der gigantische, zentralisierende Versorgungsstaat, fälschlich Wohlfahrtsstaat genannt, übernimmt mit der ihm innewohnenden Tendenz zur Überbürokratisierung sämtliche Funktionen des menschlichen Lebens und verwandelt so, nach den Worten de Tocquevilles, die Menschen in verängstigte Tiere und beraubt sie jeglicher Initiative, wodurch der Lebensnerv der Nation tödlich getroffen wird. Eine große Katastrophe, wie sie die Geschichte immer wieder bringt – hinterläßt dann ein Volk, das unfähig ist, sich wieder zu erheben.

Eine gute Regierung beruht auf verschiedenen Voraussetzungen. Selbstverständlich ist die Formel von Campbell-Bannerman „Selbstregierung ist besser als gute Regierung“ – sinnlos. Ist medizinische Selbstbehandlung besser als die Behandlung durch einen guten Arzt? Was wir brauchen ist minimales Regieren von höchster Qualität; statt dessen haben wir in der westlichen Welt maximales Regieren von niedrigster Qualität. Das bedeutet jedoch, daß die Verwaltung durch Personen von höchstmöglicher Qualität ausgeübt werden muß. Diese Laufbahn muß allen offenstehen, ähnlich wie im alten Mandarinsystem Chinas, eine Prüfung bestehen, die in erster Linie das breitgefächerte Wissen und die Bildung des Anwärters bezeugen soll. Während einer Probezeit muß dann der neue Beamte beweisen, daß er sein theoretisches Wissen zu gebrauchen versteht und bei der Anwendung der Gesetze darauf achtet, nicht ( wie es kleinkarrierte Bürokraten gerne tun) den Geist durch den Buchstaben zu töten. Erst wenn sich zeigt, daß er seine Aufgabe als Dienst an der Öffentlichkeit versteht und daß ihm das Allgemeinwohl genauso am Herzen liegt wie die Probleme und Bedürfnisse des Einzelnen, soll er endgültig in die Beamtenhierarchie aufgenommen werden. China gedieh tausende Jahre hindurch (und Taiwan tut es immer noch) unter dem sozial nicht diskriminierenden, nicht erblichen, aber echt elitären Mandarinat. Vor 1918 profitierten die europäischen Staaten von einem ähnlichen System, das in vielen von ihnen Beamte und Militärs von jeglicher politischen Tätigkeit (auch vom Wahlrecht) ausschloß. Wer dem Allgemeinwohl diente, den ging der Parteienstreit nichts an.

Von Bürokratie und Technokratie gibt es kein Entkommen. In einem wissenschaftlich und technologisch geprägten Zeitalter ist eine hochqualifizierte Verwaltung unentbehrlich, die Ansehen und ein die Bestechungsgefahr auf ein Minimum reduzierendes Gehaltsniveau haben muß. Experten sollten aktiven Anteil an der Regierung haben. Platos Anweisung gilt immer noch: „Solange nicht die Könige Philosophen sind und die Philosophen Könige werden, besteht keine Hoffnung – weder für unsere Staaten noch für das menschliche Geschlecht.“ (Der Staat, 473 D)

Eine gemischte Regierungsform, bestehend aus einem „Haupt“, einer Gruppe von Personen mit Wissen und Erfahrung, und den Vertretern des Volkes ist im Westen üblich und traditionell. Wir möchten zusätzlich ein Höchstgericht einführen, das strittige Angelegenheiten nicht nur vom verfassungsmäßigen, sondern auch vom moralischen Standpunkt aus beurteilt. Die Vertreter des Volkes sollen keine politikbestimmende Körperschaft sein. Politik ist Sache der Regierung. Parlamente oder Legislaturen sollen ausschließlich legislative Körperschaften sein, die Gesetze machen, welche jedoch von höherer Seite bestätigt werden müssen. Überdies sollen Parlamente nicht auf Parteilinien beruhen (obwohl Faktionen (Parteien) unvermeidlich sind), sondern sollten ehrlich danach streben, das Land zu vertreten, nicht nur nach Regionen, sondern auch nach Schichten, Interessengruppen, Beschäftigung und Beruf, um der Regierung die Möglichkeit zu geben, zu wissen, was die verschiedenen Teile der Bevölkerung wünschen (oder ablehnen). Mehrheiten und Minderheiten können beide sowohl recht als auch unrecht haben. Es wäre töricht von Eltern über ihre heranwachsenden Kinder zu verfügen, ohne sie anzuhören; es wäre aber ebenso töricht, sich den Wünschen von drei oder vier Kindern zu fügen, nur weil sie in der Familie eine Mehrheit darstellen. Ein ernsthaft geführter, freimütiger Dialog zwischen Regierenden und Regierten ist absolut notwendig. Entscheidungen die auf Mehrheiten beruhen?

Dort wo der Bürger noch die gegebenen Probleme begreifen kann – in Dörfern oder in gewissen städtischen Bezirken – kann auch demokratisch verfahren werden, denn dort hat der unaufhörlich größer werdende Abgrund zwischen dem tatsächlichen vorhandenen und dem notwendigen Fachwissen noch seine Grenzen. Es gilt das maximale Regieren niedrigster Qualität durch ein minimales Regieren höchster Qualität zu ersetzen und überdies noch die lebendigen Kräfte der Gesellschaft, die Corps intermédiaires zu reaktivieren. Ob das Staatsoberhaupt mit dem Regierungschef identisch ist, ob erblich oder gewählt, beruht auf Tradition und geschichtlicher Entwicklung ebenso wie seine (oder ihre) Vorrechte. Er oder sie sollten aber entsprechend ausgebildet sein und über allen Faktionen (=Parteien) stehen. Der oberste Gerichtshof sollte streng unpolitisch sein und eventuell von Gelehrten-Körperschaften (juridischen und theologischen Fakultäten, etc.) gewählt werden. Der Dilettantismus der jüngeren Vergangenheit ist nicht mehr tragbar. Wir müssen neue Formeln finden, die erstklassiges Fachwissen mit persönlicher Freiheit vereinen. Es muß Bereiche geben, die absolut frei von staatlicher Intervention sind, “persönliche Königreiche”, bestimmt und geschützt für die Entwicklung und Erfüllung der Persönlichkeit; dem Staat müssen Grenzen gesetzt sein, die er nicht überschreiten darf.

Freiheit ist innerlich eng verbunden mit Privateigentum und alle Produktionsmittel gehören entweder privaten Personen (einzeln oder in Gruppen) er Behörden (Gemeinde, Staat, Regierung). Eine dritte Möglichkeit gibt es nicht. Das Recht auf Besitz ist dem Menschen von Gott gegeben und ist seine einzige Möglichkeit, materiell frei zu sein und seine Unabhängigkeit zu verteidigen. Der Mensch ist von Natur aus ein erwerbendes und sparendes Wesen. Erwerb ist das Hauptmotiv für harte Arbeit. Daher wird eine auf Privatunternehmen und persönliche Initiative begründete Wirtschaft unvergleichlich besser produzieren als eine auf dem Staatskapitalismus beruhende, in der sowohl Manager als Arbeiter Bürokraten und Beamte sind. Das ist keine Theorie, sondern eine aus Erfahrung bekannte Tatsache. Der Sozialismus, den man jedermann in zehn Minuten erklären kann, ist eine „falsche, aber einleuchtende Idee“, die freie Marktwirtschaft hingegen, einem Meer von persönlichen Ambitionen vergleichbar, ist ein ungeheuer komplexes System – aber sie liefert die Ware. Staatskapitalismus und Sozialismus haben einen lähmenden Effekt sowohl auf den Charakter des Einzelnen als auch auf die der Familie innewohnenden Kräfte, weil sie stellvertretend für alle Familien einen Leviathan als Ersatz bieten. Sie schaffen keine pluralistische Gesellschaft, sondern Nämlichkeit und Gleichheit in Armut – mit einer kleinen, brutalen Macht-Elite an der Spitze. Der Staatskapitalismus ist das Resultat einer einengenden, rein zerebralen Vision von machthungrigen Intellektuellen, ein System, das dem Arbeiter und auch dem Bauern besonders feindlich ist. Staatskapitalismus ist ein Monopolkapitalismus mit einem einzigen Brotgeber. Gewerkschaften? Klug und verantwortlich geleitete Gewerkschaften, die auch das Gemeinwohl im Auge behalten, sollten eine Selbstverständlichkeit sein.

Erzieher ist an erster Stelle die Familie, sie kann aber die Kindererziehung delegieren an private oder öffentliche Schulen, die von der Gemeinde oder vom Staat erhalten werden. Es ist natürlich nicht Sache der Schule, für die Kinder leiblich zu sorgen, nur weil die Eltern vom Hause abwesend sind, noch sollte die Schule zu viele nicht wesentlich zum Unterricht gehörende Aktivitäten bieten. Es wäre ein schwerwiegender Fehler, wenn die Schule das Heim zu ersetzen versuchte. Die Volksschulen sollten eine solide Grundbildung vermitteln, die Gymnasien ein umfassendes Allgemeinwissen, nicht nur einzelne, vom Schüler gewählte Fächer. Die Hochschulen sollten von bester Qualität sein und auch die Forschung fördern. Disziplin, Hingabe und Eifer sollten den Schulbetrieb kennzeichnen und Schüler oder Studenten, die nicht mitarbeiten, sollten entlassen werden. Es ist sinnlos, gelangweilte, unwillige, faule Jugendliche auf öffentliche Kosten durch die Schulen zu schleusen. Eltern, die nicht von der öffentlichen Schule Gebrauch machen, sollten für diese nicht besteuert werden.

Nichts ist der Freiheit, der Religion und der Gesundheit des Staatswesens so abträglich wie die Identifizierung von Kirche und Staat. Das Ideal ist eine freie Kirche in einem freien Staat; Cäsaropapismus oder Hierokratie (fälschlich Theokratie genannt) waren immer ein absolutes Übel. Selbst in Ländern, in denen ein religiöser Pluralismus herrscht, wird dieses System immer eine Religion zu Ungunsten anderer bevorzugen. Die Trennung von Religion und Staat sollte aber keinesfalls die Zusammenarbeit zwischen beiden ausschließen. Solche Zusammenarbeit hat es in vielen Ländern durch Generationen zum Heil aller Betroffenen immer gegeben. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Erstens ist Religion, wie wir bereits sagten, eines der bezeichnendsten Merkmale des Menschen. Zweitens gibt es keine im Gewissen verpflichtende Ethik außerhalb der von der Offenbarung ausgehenden. In unserer monotheistischen Zeit ist jede Ethik von religiösen Begriffen abgeleitet und eine volle Erkenntnis des „Naturrechtes“ ist nur im Lichte der Religion möglich. Folglich besteht echter und unleugbarer Zusammenhang zwischen religiöser Stärke einerseits und Moral andererseits, obwohl feststeht, daß in unserer westlichen Zivilisation Glaubenslose (unbewußt den ethischen Forderungen der großen Religionen folgend) oft unserer Ethik in der Praxis näher kommen als manche Gläubige. Statistisch aber steht fest, daß das Anwachsen des Verbrechens und der Zerfall der Familie oft die Folge eines schwindenden religiösen Glaubens ist – wie das Beispiel der westlichen Welt heute zeigt. Keine Religion (außer kleinen, fanatische Sekten) kann jedoch getrennt von der Welt, am Marktplatz überleben.

Der moderne Staat hat nicht nur den Marktplatz, sondern auch das gesellschaftliche Leben derart durchdrungen, daß eine klare Trennungslinie zwischen Kirche und Staat nicht mehr gezogen werden kann. Es scheint für beide notwendig, auf gewissen Gebieten zusammenzuarbeiten. Selbst in Ländern mit angeblich totaler Trennung zwischen Kirche und Staat gibt es Militär- und Gefangenenseelsorger, sowie Achtung und öffentliche Zurkenntnisnahme von religiösen Festen – wie für den von der Heiligen Schrift festgelegten Tag der Ruhe und des Gebetes. Die verschiedenen Glaubensbekenntnisse sollten auch ermutigt werden, untereinander zusammenzuarbeiten und das zu betonen, was sie verbindet: ein gemeinsames geistiges und ethisches Fundament, das auch seinerseits Staat und Gesellschaft inspirieren sollte. Der Staat sollte dafür sorgen, daß Religion in den Schulen unterrichtet werde (je nach Bekenntnis). Das liegt im Interesse von Staat und Gesellschaft. Die entsprechenden Bestimmungen müssen natürlich von Staat zu Staat verschieden sein, es wäre aber falsch anzunehmen, daß eine Mannigfaltigkeit von Religionen einen solchen Unterricht automatisch unmöglich macht. Die Erfahrungen in vielen Ländern (manche mit, manche ohne Staatsreligion) zeigen deutlich, daß mit etwas gutem Willen Lösungen möglich sind. Es hat immer Männer und Frauen gegeben, die geistig und seelisch unfähig sind, irgendwelche religiöse Forderungen oder Werte zu bejahen. Solche Menschen müssen mit Toleranz und Mitgefühl behandelt aber gleichzeitig dazu ermutigt werden, wenigstens für die „praktischen“ Werte einer Religion Verständnis aufzubringen.
Volkszugehörigkeit (Nationalität), Rasse und Staatsbürgerschaft müssen ernst genommen werden. Nationalität – in erster Linie, aber nicht ausschließlich durch die Sprache gekennzeichnet – ist ein kultureller Faktor. Die Sprache bedingt natürlich unsere Denkweise, weil sich Gedanken entlang den Leitlinien eines Idioms entwickeln. Der Begriff Volkszugehörigkeit umfaßt aber nicht nur die Sprache, sondern auch Brauchtum, Denkweise, Gewohnheiten, Ernährungsarten und manchmal spezifische Konfessionen. Die Volkszugehörigkeit hat sowohl rationale als auch spirituelle Werte. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Persönlichkeit und kann, in der Regel, nur im Kindesalter gewechselt werden. Künstliche „Nationalisierung“ ist daher ein Übel und der Tradition entgegengesetzt. Volkszugehörigkeit (Nationalität) ist von Staatsbürgerschaft zu unterscheiden, die ein juridischer Zustand ist und jederzeit gewechselt werden kann, aber Treue fordert. (Daher leisten in den meisten Staaten die neu aufgenommenen Staatsbürger einen Treueeid.) Sie unterscheidet sich auch von Rasse, die biologisch und für den einzelnen unvertauschbar ist, obwohl sie sich im Laufe von Generationen verändern kann. Rasse hängt nicht im Wesentlichen mit Volkszugehörigkeit oder Staatsbürgerschaft, noch auch mit Religion oder Kultur zusammen. Sie hat jedoch einen Einfluß auf gewisse Eigenschaften – hauptsächlich, wenn auch nicht ausschließlich, auf physische. Es ist ja einleuchtend, daß hochgewachsene Rassen bessere Läufer hervorbringen als kleine, und daß die Musikalität in südlichen Rassen höher entwickelt ist als in arktischen. Doch sind diese und andere Eigenschaften, durch die sich die Rassen (wie auch die Geschlechter) von einander unterscheiden, rein statistischer, nicht persönlicher Natur. Jedwede Diskriminierung aufgrund von Volkszugehörigkeit, Rasse, Geschlecht oder Konfession im öffentlichen Leben (wozu auch das Schulwesen gehört) sind daher unzulässig. Alle Menschen müssen nach dem gleiche Maßstab bemessen werden, damit man ihre (selbstverständlich unterschiedlichen) Leistungen, ihren Beitrag für Staat und Gesellschaft objektiv bewerten kann. Man muß mit gleichen Maßen messen, um echte Wertunterschiede feststellen zu können.

Wahre Toleranz kann nur von Personen mit wohlfundierten Überzeugungen ausgeübt werden (obwohl diese nicht immer so handeln). Für solche Menschen ist Toleranz ein Akt der Selbstverleugnung; obwohl sie davon überzeugt sind, daß, wer nicht mit ihnen übereinstimmt, Unrecht hat, werden sie ihn dennoch respektieren und sein Recht auf eine andere Meinung verteidigen. Wer keine festen Überzeugungen hat, sondern höflichen Zweifel, Agnostik, Skepsis oder einfach Nihilismus zum Prinzip erhebt, kann nur gleichgültig sein, nicht tolerant, was beileibe nicht dasselbe ist; die Geschichte hat immer wieder Intoleranz derer bewiesen, die entweder behaupten, daß es keine Wahrheit gibt, oder daß sie menschlich nicht erreichbar ist. Unter dem Banner des Zweifels haben sie oft jene verfolgt oder unterdrückt, die ihre eigenen, wohlbegründeten Überzeugungen verteidigten.

Traditionen sollten nur dann verworfen werden, wenn sie sich als der Wahrheit widersprechend erweisen. Selbst neutrale Traditionen fördern Frieden und Übereinstimmung, vor allem aber ein Gefühl innerer- und äußerer Sicherheit. Veränderungen sind manchmal ebenso notwendig wie eine Revision gewisser Traditionen. Veränderung als Selbstzweck jedoch ist zu verwerfen, weil sie Unsicherheit erzeugt, denn ein Gefühl der Sicherheit ist für den Menschen sehr wichtig. Rasche Veränderungen können in bedeutungslosen Angelegenheiten geduldet werden, wenn es sich aber um Grundlegendes handelt ist Tradition, die Dauerhaftigkeit bedeutet, sogar große Opfer wert.
Patriotismus, nicht Nationalismus ist die ideale politische Bindung. Der Patriot ist stolz auf die seinem Land eigenen Verschiedenheiten in Kultur, Sprache, Rasse, Institutionen, Ständen und Klassen, Traditionen und Ansichten. Der Nationalist ist in Gefahr, sich (als Teil einer kollektiven Einheit) erhaben über Mitglieder anderer Nationalitäten (Volksgruppen) zu fühlen. Er kommt dem Rassisten gefährlich nahe. Seine Loyalität ist eher horizontal als vertikal ausgerichtet. Nationalismus ist eine „natürliche“ Einstellung, Volkszugehörigkeit ist angeboren. (Man ist in ein Volk hineingeboren, natus.) Der Patriot aber nimmt einen übernatürlichen, einen ethischen Standpunkt ein. Er gelobt Treue und Anhänglichkeit dem Land seiner Geburt, seiner Vorfahren oder auch einem Adoptiv-Vaterland. Tatsächlich gibt es große Länder, die durch Wahl oder Adoption von seiten ihrer Einwohner mehr als durch Geburtenzahlen gewachsen sind. Nationalismus (oder Rassismus) haben wiederholt Uneinigkeit, Rebellion und Kriege hervorgebracht. Der moderne „populäre“ Massenkrieg hat ideologische oder nationalistische und manchmal sogar rassistische Untertöne. Vor 1789 waren die Kriege in der westlichen Welt weitgehend Konflikte zwischen Monarchen, sogenannte Kabinettskriege, und wurden von bezahlten Freiwilligen ausgetragen; die Völkerkriege kamen erst mit den kollektivistischen Ideen der französischen Revolution auf, die die Wehrpflicht einführte – „alle haben die gleichen Rechte, gleichen Pflichten“. Mit dem Jahr 1917 begannen die ideologischen „Kreuzzüge“.

Diplomatische, wirtschaftliche, kulturelle und andere Verbindungen zwischen Ländern hat es immer gegeben. Heute haben wir zusätzlich eine ganze Anzahl internationaler Institutionen. Viele davon haben politischen Charakter, manche sind nützlich, andere unnütz oder direkt schädlich. Das Rote Kreuz und die Welt-Post-Union sind frühe, allerdings sehr verschiedenartige Beispiele nutzbringender internationaler Organisationen. Es gibt aber auch solche, wie die Vereinten Nationen, die eine Art Weltregierung herstellen möchten. Eine Regierung dieser Art könnte eines Tages zustandekommen, aber in Angelegenheiten von solcher Tragweite ist der kairós (die rechte Zeit) ausschlaggebend, ebenso wie der Charakter, die Struktur und die Machtbefugnisse einer so weitreichenden Institution. (Die hier zu stellenden Fragen sind nicht unähnlich denen, die einem jungen Paar bei der Eheschließung gestellt werden.) Eine so erhabene Körperschaft bedarf selbstverständlich gemeinsamer Ideale, doch in vieler Hinsicht sind wir heute von solchen weiter entfernt denn je.

Die Ideen und Ideale, zu denen sich zum Beispiel die UdSSR, die Seychellen, Sambia, Jugoslawien, Samoa, Saudiarabien, Israel und Italien bekennen, sind voneinander radikal verschieden. Eine Weltregierung heute wäre zu vergleichen mit einer Ehe zwischen Kindern verschiedener Klassen, Religionen, Rassen, Intelligenzquotienten und moralischen Eigenschaften, eine Ehe die lediglich auf frühpubertärer sexueller Attraktion beruht. Es muß auch das Subsidiaritätsprinzip in Betracht gezogen werden. Eine neutralisierte (oder auch nicht so neutralisierte) Weltregierung könnte versuchen, lokale Kulturen, Traditionen und Werte zu zerstören, wodurch große und kleine Völker gleichermaßen ihrer Persönlichkeit beraubt und eine tödliche Einebnung der Zivilisation erreicht wird. Den heutigen Vereinten Nationen fehlt nicht nur ein gemeinsamer Nenner; sie sind auch einer reinen Zahlenherrschaft unterworfen. Die „friedliebenden Nationen“ in ihrem Verband, die ein Entscheidungsrecht haben, sind zum größten Teil Länder, in denen Korruption, Unwissenheit, Tyrannei oder eine Mischung aus allen vorherrschen. Die Vereinten Nationen haben sadistische, tyrannische Regierungen anerkannt, während sie Länder, in denen Recht, Ordnung und Gerechtigkeit herrschen, oft ablehnten. Sie haben sich wiederholt aus politischen Gründen geweigert, in entscheidenden moralischen Fragen einen festen Standpunkt zu vertreten. Unter den gegenwärtigen Umständen ist eine Weltregierung außer Frage.
Für die Verteidigung eines Landes – die notwendig ist, solange unabhängige Staaten bestehen – ist eine permanente Armee von Freiwilligen theoretisch einer auf allgemeiner Wehrpflicht beruhenden Armee vorzuziehen. Soldat zu sein ist eine Berufung wie jede andere. Einem Menschen eine Betätigung aufzuzwingen, für die er keine Berufung hat, ist ein schwerer Irrtum. Wenn jedoch ein größeres Land die Wehrpflicht und militärische Ausbildung einführt, könnten sich andere Länder gezwungen sehen, dasselbe zu tun. Ob die Notwendigkeit dazu besteht, hängt von den Umständen ab. Abgesehen davon besteht kein Grund, einen Menschen zu verurteilen, weil er in der Armee eines anderen Landes dienen will, ebensowenig wie wenn er eine andere Staatsbürgerschaft vorzieht. „Soldat“ heißt Lohndiener; Söldner zu sein ist keineswegs unehrenhaft.

In der Rechtsprechung ist der Standpunkt des Rechtspositivismus – d. h. die Überzeugung, daß was immer der Staat vorschreibt, legal und moralisch verantwortbar ist – zu verwerfen. Gerechtigkeit ist übrigens nicht Gleichheit, sondern bedeutet, in Ulpians Worten, suum cuique, „jedem das Seine“. Der Staat soll nicht willkürlich Gesetze erlassen. Das Recht (das bestimmt was recht und was unrecht ist) muß „gesucht und gefunden“, nicht willkürlich bestimmt werden. Es gibt nur zwei grundlegende Rechtsquellen: die Offenbarung und (viel weniger deutlich) das Naturgesetz. Wir haben in letzter Zeit Parlamentsentscheide gehört, aufgrund derer ein Fötus 28 Wochen nach der Befruchtung beginnt, ein menschliches Wesen zu sein, was später auf 24 Wochen herab gesetzt wurde. Solche Willkür in grundsätzlichen Angelegenheiten darf nicht vorkommen. Richter und Gerichte müssen von jeglichem Druck durch Regierung oder Volk absolut unabhängig sein.

Die Rechte und Pflichten eines Menschen hängen sowohl mit seinem Selbstinteresse, als auch mit dem Allgemeinwohl zusammen, also mit dem Wohl der Bewohner seines Landes, dem der Gruppe der er sich bewußt zuzählt (Familie, Körperschaft, Verein, Provinz, Staat, etc.). Ein Mensch hat das Recht, seinen Beruf, seine Konfession, seinen Partner fürs Leben, seinen Vorgesetzten oder seine Angestellten, seinen Arzt, seinen Lehrer, seine Freunde und seine Kollegen selbst zu wählen. Er hat Verpflichtungen gegenüber der Gemeinde in der er lebt – in dem Staat, aber auch der Gesellschaft. Er soll einen vernünftigen Teil seines Einkommens dem Staat als Steuer geben und, wenn sein Gewissen oder sein Glaube ihn dazu verpflichtet, auch dem mittellosen Teil der Gesellschaft (der ihm für diesen Akt der Nächstenliebe Dank schuldet). Er muß einen finanziellen Beitrag zur Landesverteidigung leisten und vielleicht sogar sein Land mit Leib und Leben verteidigen. Dem Staat und seinen Gesetzen ist er Treue und Gehorsam schuldig, außer sein (wohlformiertes) Gewissen verbietet ihm das. Es gibt Situationen, in denen uns das Gewissen zweifellos verpflichtet, einem tyrannischen Staat mit rechtlichen oder sogar mit „illegalen“ Mitteln Widerstand zu leisten.

Menschliche Freiheit ist nicht ein Ziel in sich selbst. Sie kann nie absolut sein. Sie ist ein Zustand in dem man mit Würde leben und handeln kann. Auch Selbstverwirklichung ist für den Menschen kein legitimes Ziel. Man muß sich bemühen, in den Augen Gottes ein anderer Mensch zu werden und sich des „alten Adams“ zu entledigen. Ebenso wenig kann die Suche nach Glück auf Erden das dauernde Bestreben eines gläubigen Menschen sein. Man kann jedoch der Formel zustimmen: So viel Freiheit wie möglich (ohne Schaden für das Gemeinwohl) und so viel Beschränkung wie notwendig (um das Gemeinwohl zu schützen). Allerdings muß man gleichzeitig zugeben, daß es kaum möglich ist, das Gemeinwohl (das immer persönliche Freiheit einschließt) eindeutig abzugrenzen. Totale Übereinstimmung in all diesen Dingen wird selten sein und eine gewisse Willkür wird man nie vermeiden können, doch sollte der lebendige Dialog zwischen Regierenden und Regierten (aus deren Reihen die Beamten ja schließlich kommen) stets eine klärende Wirkung haben.

Erik Maria Ritter von Kuehnelt-Leddihn

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